EN Hinterglasbilder
Der Betrachter eines Hinterglasbildes sieht die glatte, unbehandelte Glasseite vor sich, die Farben befinden sich auf der anderen Seite. Oft sieht man zuerst nur Reflexe, Lichter, sich spiegelnde Hintergründe und geheimnisvoll leuchtende Farben. Man muss sich Zeit lassen und genau hinsehen, erst dann erschließen sich die Motive. Hinterglasgemälde strahlen ihren ganz eigenen Reiz aus und dieser glatte, schwierig zu bemalende, harte und doch so zerbrechliche Bildträger Glas hat seit der Antike bis heute Betrachter und Künstler fasziniert.
Die Ausstellung gibt einen Überblick über die historische Hinterglasmalerei in Oberammergau. Ein besonderer Fokus wird auf Szenen um das Weihnachtsgeschehen gelegt. Dabei werden auch Bilder aus anderen Regionen als Vergleichsobjekte gezeigt. Neben den Hinterglasgemälden aus den Beständen des Oberammergau Museums wird die Ausstellung durch private und öffentliche Leihgaben ergänzt.
In den drei Jahrhunderten zwischen 1550 und 1850 hatte die Hinterglasmalerei ihre Blütezeit. Einst eine Kunst für Kaiser, Adel und Klerus, erreichte sie im 18. Jahrhundert das wohlhabende Bürgertum und wurde seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch in der Volkskunst angewandt. In dieser vereinfachten und verbilligten Form wurde die Hinterglasmalerei populär und weit verbreitet. Durch den Erfolg des billigeren Farbdrucks seit der Mitte des 19. Jahrhunderts verlor sie dann langsam an Bedeutung.
Die Geschichte der Hinterglasmalerei in Oberammergau beginnt mit Andreas Lang (1738-1807), der um 1760 nach einer Malerausbildung in Augsburg bei Ignaz Paur (1723-1801) in sein Heimatdorf zurückkehrte. 1768 werden dann bereits neun Hinterglasmaler erwähnt. Auch Franz Seraph Zwinck (1747-1792), dem berühmten Oberammergauer Lüftlmaler, Porträtisten, und Kirchenmaler werden einzelne Hinterglasbilder zugeschrieben. Die Maler dieser ersten Generation stellten anspruchsvoll gemalte Einzel- und Serienbilder her, die keineswegs ausschließlich religiöse Themen zeigten.
In der nächsten Generation waren Johann Michael Lang (1776-1833), Joseph Anton Lang (1780-1871), Alois Claus (1771-1834), Johann Dominicus Rutz (1773-1834) und Joseph Mangold (1787-1850) mit seiner Tochter Maria Anna (1819-1912) und seinen Söhnen Johann Alois (1824-1888) und Johann Joseph (1825-1903) als Hinterglasmaler tätig.
Durch die Säkularisation und die Napoleonischen Kriege kam es zu einem allgemeinen wirtschaftlichen Einbruch. Die Hinterglasmaler orientierten sich ab ca. 1810 neu. Neben anspruchsvollen Einzelbildern wurden nun in großen Mengen günstige, schlichte, stark typisierte und sehr farbige Heiligenbilder oder biblische Szenen in Medaillons, die mit üppigem Blütendekor verziert waren, hergestellt. Diese sogenannten Ammergauer Taferl fanden reißenden Absatz. Vor allem auch in bekannten Wallfahrtsorten wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Hunderttausende verkauft.
Joseph Mangold war mit seiner Werkstatt dabei der erfolgreichste Oberammergauer Hinterglasmaler. Von seiner Kunstfertigkeit legen aber vor allem seine Porträts Zeugnis ab. Bereits um 1813 war ihm in München, nachdem er einige seiner Arbeiten vorgezeigt hatte, „die allerhöchste Bewilligung“ erteilt worden, die Porträts von Max I. Joseph und seiner Gemahlin Caroline im königlichen Kabinett auf Glas zu kopieren. In der Folgezeit malte er auch Hinterglasporträts des Königspaares Ludwig I. und Therese sowie vom damaligen Kronprinzenpaar Maximilian und Marie.
Als einziger blieb Joseph Anton Lang der traditionellen Malerei treu, er malte bis ins hohe Alter in weicher Modellierung und hellen gemischten Farben. Mit seinem Tod 1871 endete die Glasmalerei in Oberammergau und wurde erst im 20. Jahrhundert wiederbelebt.